Markus auf der Spur                                                   Kölner Stadtanzeiger vom 13.11.2008, von Michael Kasiske

„Ein Fass von Gelehrsamkeit

Der Evangelist Markus war gar nicht an einer Schilderung interessiert. Das Markus-Evangelium sei keine Biografie, sondern ein Glaubensbuch, schreibt Hans Thüsing in seinem neuen Buch.

Brühl - Es begann vor über 40 Jahren, als Pfarrer Hans Thüsing über die Vertreibung aus dem Tempel predigen wollte. „Bei der Beschäftigung mit dem Text des Markus-Evangeliums hatte ich bemerkt, dass der Evangelist Markus gar nicht an einer anschaulichen Schilderung interessiert war.“ Seitdem hat sich der heute 76-jährige Priester intensiv mit dem ältesten Evangelium beschäftigt. Natürlich neben seinen sonstigen Aufgaben als Dechant in Leverkusen und später für kurze Zeit als Krankenhausseelsorger in Brühl. Thüsing wohnt heute in Brühl und ist seit sechs Jahren „nur noch Subsidiar“, also „nur noch“ für die Feier einiger Messen verantwortlich.

Trotz aller anderen Aufgaben blieb er immer dem Evangelisten Markus auf der Spur und erklärt dies mit einem Wortspiel: „Wenn Markus mir nicht sagen will, was ich wissen will, dann will ich wissen, was er mir sagen will.“ Thüsing übersetzte das Evangelium aus dem Griechischen neu und beschäftigte sich lange mit den Texten. Die Gliederung und manche Stellen des Evangeliums seien rätselhaft, doch Thüsing ist nun überzeugt: „Solche Schwierigkeiten verstehe ich als Methode des Evangelisten, um Aufmerksamkeit zu wecken und die Wahrheit interessant zu machen.“ Thüsing kam auch zur der Überzeugung, dass der Autor des Evangeliums vor allem ein Buch mit den wichtigen Glaubensaussagen und nicht eine Biografie des Jesus von Nazareth schreiben wollte. Auf dieser Grundlage ist Thüsing im Gegensatz zu vielen anderen Wissenschaftlern von einer sehr geplanten Struktur im Markus-Evangelium überzeugt.

„Es ist ein ganzes Fass von Gelehrsamkeit“, schwärmt der Priester. Seine Erkenntnisse über das Markus-Evangelium und seine Begeisterung dafür wollte Thüsing in einem Buch zusammenfassen. Doch lange musste er erst nach einem Verlag suchen und war dann froh, als das Katholische Bibelwerk ihm die Veröffentlichung ermöglichte. Das Buch mit 146 Seiten konnte Thüsing nach seinen Wünschen gestalten. Darin ist nun das von Thüsing übersetzte Markus-Evangelium abgedruckt - auf der anderen Seite jeweils ein kurzer Kommentar des Brühler Priesters. Nach der Veröffentlichung hofft Thüsing nun auf viele Reaktionen seiner Leser. Schon vor einigen Jahren hatte sich der 76-Jährige einige Internetadressen gesichert, auf denen er nun sein Buch vorstellt und zur Diskussion einlädt.

„Das älteste Jesusbuch. Das Markusevangelium aus dem Urtext neu übersetzt und erläutert“ von Hans Thüsing ist beim Katholischen Bibelwerk erschienen und kostet 12,80 Euro. ISBN: 978-3-940743-89-3.